Warum eine Weltreise kein Urlaub ist!
„Na jetzt müsst ihr aber richtig erholt sein!“ oder „Jetzt ist der lange Urlaub vorbei!“ – solche und ähnliche Aussagen bekamen wir nach unserer Rückkehr in Deutschland öfter zu hören und konnten darüber nur schmunzeln. Hatten die (k)eine Ahnung! Urlaub ist Erholung für Körper und Geist. Stress loslassen, durchatmen, Kraft tanken. Nach einer schlaflosen Nacht im Bus mit rund 20kg schweren Rucksack bei 35 Grad eine Unterkunft suchen – das fällt wohl weniger in diese Kategorie. Im Klartext:
1 Jahr Weltreise, vor allem low budget, ist keinswegs mit einem Jahr Urlaub gleichzusetzen.
Wenn man sich ein Jahr Zeit nimmt, aus dem Berufsleben aussteigt, Haushalt auflöst und sich auf eine Reise begibt, möchten die meisten möglichst viel von der Welt sehen. Zumindest ging es uns so. Der Zeitdruck reiste im Hinterkopf mit und die Frage „Wann können wir das nächste Mal wieder eine längere Zeit reisen?“ ließ uns oft nicht wirklich zur Ruhe kommen. Wir hatten also mehrere Länder auf unserer Wunschliste stehen, die wir aber auch intensiv erleben wollten.
Unsere Weltreise 2013 – wirklich so „urlaubstauglich“?
In Neuseeland sind wir insgesamt nur 4 Wochen im Wohnmobil gereist und dabei jede Nacht an einem anderen Ort verbracht. Unser Weiterflug war gebucht und so war unsere Zeit begrenzt. Neuseeland entpuppte sich jedoch sehr schnell als eins der schönsten Länder überhaupt und so wollten wir in dieser Zeit möglichst viel davon sehen. Insgesamt 7650 Kilometer legten wir in diesen 4 Wochen zurück. Das macht im Durchschnitt über 270 km täglich (man beachte: 100 km/h sind wir sehr selten gefahren, eher langsamer). Die Nächte waren oft kalt, einen bezahlten Campingplatz mit Stromanschluss und somit der Möglichkeit zu heizen haben wir uns aufgrund unseres begrenzten Budgets nur alle paar Tage gegönnt. Waren es erholsame 4 Wochen? Auf keinen Fall! Waren es mitunter die eindrucksvollsten unserer Reise? Definitiv! Nach der Zeit waren wir jedenfalls durch und durch urlaubsreif und haben uns nicht zuletzt deswegen auch ein paar Tage in einem Resort auf den Fidschis gegönnt. Ein Kurzurlaub vom Reisen war definitiv nötig, um Energie für die Weiterreise zu tanken.
Oder schauen wir uns unsere Tour durch Südostasien an – Thailand, Laos, Vietnam und Kambodscha. Das Ganze über Land, meist in Nachtbussen unterwegs und stets auf der Suche nach günstigen Unterkünften. Ich weiss noch wie wir in Phnom Penh aus dem Bus ausgestiegen sind und uns auf die Suche nach einem Zimmer begeben haben. Wie sonst auch haben wir nichts im Voraus gebucht und sind optimistisch davon ausgegangen, dass wir schnell irgendwo günstig unterkommen. Fehlanzeige! Komplett übermüdet und mit furchtbar schweren Rucksäcken (was auch immer da drin war!) suchten wir in Kambodschas Hauptstadt stundenlang ein Dach über dem Kopf. Es war entweder bereits alles ausgebucht oder lag außerhalb unseres Budgets und irgendwann ließen meine Kräfte so nach, dass ich wohl eher auf der Straße übernachtet hätte als noch einen weiteren Kilometer zu laufen. Also stand ich ganz entnervt mitten in der Stadt mit beiden Rucksäcken und Steffen lief von Hotel zu Hotel, um eine geeignete Unterkunft zu finden. Vielleicht waren wir im falschen Viertel oder einfach nur zu geizig, aber am Ende hatten wir mit mehr Glück als Verstand ein Zimmer in unserer Preisvorstellung gefunden (übrigens in einem Bordell-Viertel wie wir gegen Abend herausgefunden hatten) und waren nur eins: erschöpft wie selten zuvor. Denjenigen, der uns bei dem Anblick als „Urlauber“ bezeichnet hätte, würde ich gern sehen!
Schon mal um 4 Uhr morgens leicht bekleidet bei 5 Grad an der Grenze von Laos zu Vietnam gestanden? Absolut nicht zu empfehlen. Und das war erst der Anfang! Es folgte stundenlanges Anstehen in verschiedensten Schlangen, inklusive Gerangel bis zu den entsprechenden Schaltern, um sich gefühlt 1000 Stempel abzuholen, damit wir dann irgendwann endlich aus Laos aus- und in Vietnam einreisen durften. Nun machte auch der Name „Bus to Hell“ (dt. „Bus in die Hölle“) Sinn, den die Backpacker dieser reizenden Strecke gaben. In Hanoi angekommen, waren wir fix und alle!
Nach knapp 2 Monaten in Laos, Vietnam und Kambodscha stand Indien auf dem Plan. Von Bangkok ging unser Flug nach Delhi, aber vorher wollten wir uns ein paar Tage Ruhe gönnen. Wollten? Wohl eher mussten, denn wir waren absolut platt. Wir hätten im Normalfall gern mehr von Bangkok gesehen (wir waren nicht zum ersten Mal da, aber in Bangkok findet man wohl immer etwas zu sehen und zu erleben), aber unsere Energie reichte nur noch zum Pad Thai um die Ecke. Die 4 Tage vor der Weiterreise haben wir größtenteils damit verbracht, im Bett zu faulenzen und Filme am Laptop zu gucken. Ziemlich langweilig, oder? Aber wir waren sowohl körperlich als auch geistig müde. Einfach nur müde. Wir wollten nichts sehen oder erleben, sondern uns einfach Ruhe gönnen. Und unsere Batterien mussten dringend aufgeladen werden, denn es sollte bald noch viel anstrengender werden: eine Reise durch Rajasthan, im Norden Indiens, stand an.
Intensiv. Das ist das Wort, was unsere Zeit in Indien am ehesten beschreibt. Intensive Eindrücke, Gerüche, Begegnungen. Wir waren in Rajasthan meistens nur 2-3 Nächte an einem Ort und wirklich alle hatten großartige Sehenswürdigkeiten. Wir mussten uns außerdem aufgrund des straffen Zeitplans direkt nach der Ankunft in einer Stadt um die Weiterreise kümmern und teilweise verschiedene Bahnhöfe abklappern (es wäre aber auch zu einfach, wenn man direkt die richtige Information erhalten würde). Wochenlang hatten wir täglich volles Programm und fielen jeden Abend todmüde ins Bett. Mittlerweile im Süden Indiens und somit am indischen Ozean angekommen, war höchste Zeit für Entspannung. Das Glück war perfekt, als wir ein sehr schönes und günstiges Resort gefunden haben. Durch die Nebensaison waren kaum Touristen da und wir haben jeden Tag am Pool gelegen, gelesen, geschlafen und vor allem eins: sehr lecker gegessen!
Reisen ist eine Lebenseinstellung
Das waren einfach mal ein paar Beispiele aus unserem Reise-Alltag, die eine andere Seite der Weltreise zeigen. Natürlich waren wir an ganz vielen großartigen Stränden, haben tolle Ausflüge gemacht und die gemeinsame Zeit, die Unbefangenheit und Freiheit zu 100% genossen. Aber zum Reisen gehört einfach viel mehr. Es ist eine Mischung. Eine Mischung aus stressig & schön, anstrengend & aufregend, nervenaufreibend & beeindruckend. Letzten Endes ist es eine Mischung aus Arbeit und Vergnügen. Und ich denke, so wie uns ergeht es den meisten Weltenbummlern, die mit Rucksack und möglichst günstig unterwegs sind. Man ist hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, so viel wie möglich zu sehen und zu erleben und aber auch dem Verlangen nach größeren Pausen, um zur Ruhe zu kommen. Und genau diese Pausen sind der eigentliche Urlaub. Nämlich der Urlaub vom Reisen. Die Möglichkeit, all die Eindrücke zu verarbeiten, die ab einem bestimmten Punkt müde machen. Auch körperlich kommt man durchaus an seine Grenzen und muss sich zwischendurch einfach nur erholen. Aber eins überkam uns sehr bald in diesen Pausen, die wir uns gönnten: Der Wunsch, wieder weiterzureisen. Und wieder den Rucksack auf den Rücken zu schwingen und uns ins Getümmel zu stürzen. So anstrengend Reisen oft auch sein mag, es ist mehr als einfach nur Sightseeing. Es ist eine Lebenseinstellung. Wir hatten durchweg Spaß auf unserer Weltreise. Egal, wie erschöpft oder auch genervt wir teilweise waren, wir waren glücklich und ausgeglichen. Niemals würden wir diesen oft verrückten Reisealltag gegen eine Woche All-Inclusive in einem „Massentouristengebiet“ eintauschen. Denn wir reisen lieber als dass wir Urlaub machen. Und das ist auch gut so.
Hallo und danke für den tollen Artikel.
Es ist eigentlich wichtig, dass man seinen Urlaub genießt.
Mein Onkel war in Zillertal in einem Hotel und fand es toll.
VG Frank